Kuchl aus geologischer Sicht

in Kalk versteinerte Korallen aus dem Tennengau

Die Tethys war vor ca. 250-66 Mio. Jahren ein Ozean. Die Meeresbecken des heutigen Mittelmeeres sowie des Schwarzen und Kaspischen Meeres sind noch Überreste dieses Urmeeres. Weil das heutige Afrika und Europa damals wesentlich weiter südlich lagen und auch die durchschnittliche Welttemperatur wesentlich höher als heute war, herrschte im Bereich der Tethys ein überwiegend tropisches, im europäischen Bereich jedenfalls subtropisches Klima mit Korallenriffen und einer großen Vielfalt an Meerestieren.

Von Süden driftete der Urkontinent Afrika (samt Indien) nach Nordosten. Im Gegenzug driftete Eurasien nach Süden und Südwesten, was zum Verschwinden der Tethys führte. . Gleichzeitig entstand aus dem Meeresboden dadurch in unserem Bereich die Alpenkette, was man an den zahlreichen Fossilien und Versteinerungen gut erkennen kann.

Hierbei führte der Druck der beiden kontinentalen Platten zur Verformung, Empordrückung und Auffaltung des Gebirgsbogens. – Und dieser Prozess geht auch heute noch weiter: Die Alpen wachsen im Millimeterbereich pro Jahr langsam weiter, werden aber gleichzeitig z.B. durch Erosion wieder abgebaut. In 50 Millionen Jahren wird dieser tektonische Prozess u.a. im Bereich des Mittelmeeres neue Gebirgszüge gebildet haben.

Göllmassiv

In unserer unmittelbaren Umgebung ist das Göllmassiv für Kuchl besonders wichtig: Es fehlt auf keiner Postkarte, keinem Gemälde unseres Marktes. Zahlreiche Sagen und Geschichten ranken sich um diese 6 km lange Gebirgskette.
Der Kalkstein des Göll bildete sich vor allem aus den abgestorbenen Überresten von Korallen und Meeresschwämmen, die vor 216 bis 200 Millionen Jahren, etwa auf der Breite des nördlichen Sudan, in seichten, oft übersalzten Lagunen auf den Meeresboden gesunken sind. 

Blick aufs Rossfeld

Nördlich an die Kalkmassen der Göllkette schließt sich das Rossfeld an. Geologisch besteht er aus kieseligen Sandsteinen und sandigen Mergeln, die vor etwa 130 Millionen Jahren entstanden. Dieselbe Zusammensetzung findet man auf der anderen, östlichen Talseite etwas weiter südlich in Richtung Golling. Auch hier verweist der hohe Sandanteil auf den Meeresboden, aus dem sich diese Gesteinsschicht gebildet hat.
Das Rossfeld weist die für den Tennengau typische „Senkung“ auf, sodass dessen Silhouette tatsächlich ein bisschen an den Rücken eines Pferdes erinnert.

Im Talboden finden sich häufig hoch über den Talboden aufragende Erhebungen aus Nagelfluh (Konglomerat). Das prominenteste Beispiel in Kuchl ist der Georgenberg. Zum Großteil besteht er aus Gesteinen der Nördlichen Kalkalpen (Kalken und Dolomiten). Man findet hier jedoch z. B. auch Schiefer und Quarze, ursprünglich aus den Zentralalpen.

Blick ins eiszeitliche Salzachtal (Kaltzeit), von Salzburg aus. Unten der Vergleich zu heuteVor ca. 2,6 Millionen Jahren begann ein Wechsel von Kalt- und Warmzeiten („Eiszeitalter“). Während der Kaltzeiten bildeten sich im Salzachtal mächtige Eisströme mit einer Dicke von bis zu 2,5 km. Durch diese Eisströme wurden ganze Täler (so auch das Salzachtal) langsam ausgegraben. Man erkennt dies besonders deutlich im Bluntautal, das die hierfür typische U-Form im Talquerschnitt aufweist.

Die Gletscher transportierten in den diversen Kaltzeiten Geröll und anderes Material, das langsam und stetig mitbewegt wurde. Nördlich des Hohen Göll findet man sogar noch bis auf 1.500 Meter Höhe vom Gletscher durch Ferntransport abgelagerte Gesteine.

Beim jeweiligen Abschmelzen des Salzachgletschers während der Warmzeiten bildeten sich große Seen. Vor ca. 400.000 Jahren bedeckte ein einziger riesiger See, der vom Pass Lueg bis weit nach Bayern und Oberösterreich reichte, die Oberfläche. Die Wasserspiegelhöhe dieses „Salzburger Sees“ wird mit 530 Metern angenommen.

Gleichzeitig flossen von den Bergen Bäche und Flüsse herab, die viel Schuttmaterial mit sich brachten, was den See teilweise wieder auffüllte. Dieser zu Konglomerat verdichtete Schotter erreichte z. B. beim Kuchler Georgenberg eine Höhe von 528 Metern. Ähnlich hoch waren in der heutigen Stadt Salzburg die Schotterfüllungen beim Mönchsberg, Rainberg und beim Hellbrunner Hügel. 

aus "Der Georgenberg", Seite 12 (Hrsg. Museum Kuchl)

Blick auf den Georgenberg (Westseite)

Über diese bereits verfestigten Konglomerate flossen bis vor 12.000 Jahren wieder Gletscher, wobei der Höhepunkt der Vergletscherung vor 21.000 Jahren erreicht wurde. In unserer Gegend um Kuchl floss der Großteil des Gletschers im westlichen Talbereich, wo auch heute noch die Salzach fließt, während der Talboden im Osten zwischen der Taugl und Golling nur gering bzw. unbedeutend „ausgeräumt“ wurde. Dadurch wurde der „eiszeitliche Georgenberg“ nicht wieder völlig durch das Eis abgetragen.
Heute erhebt sich der Kuchler Georgenberg ca. 50 Meter über der Talsohle und weist eine Länge von 900 Meter bzw. eine Breite zwischen 100 und 200 Metern auf. Seine steilen, teilweise sogar überhängenden Wände in Richtung Westen sind übrigens nicht ein Ergebnis von Verwitterung, sondern entstanden durch die Ablösung von ganzen Gesteinsplatten.

Neben dem Georgenberg findet man in Richtung Süden noch weitere Nagelfluh-Erhebungen, die jedoch etwas später (vor ca. 120.000 Jahren) entstanden sind (z. B. Nikolausberg in Golling-Torren). 

Nach dem Eisrückzug der letzten Gletscher entstanden wiederum Seen, aus deren Verlandung dann Moore entstanden (z. B. Freimoos). 

Blick auf den Georgenberg

Der ebene Talboden fand ebenfalls in der späten Eiszeit seine letzte Ausformung. Hier wurde ein System von flachen, ins Tal ausgreifenden Schwemmkegeln bzw. Terrassen geformt. Schwemmkegel sind Schuttablagerungen die in Flüssen und Bächen mitgeführt werden, sodass ein breitgefächerter Schuttkegel neues Land bildet. In Kuchl haben die Taugl, der Kertererbach und der Mitterbach große Schwemmkegel aufgeworfen.
Die älteste und höchst gelegene Terrasse ist die „Friedhofsterrasse“ (nach dem Kommunalfriedhof in Salzburg benannt, der ebenfalls auf diesem Schwemmkegel liegt). In Kuchl bildet sie den allgemeinen Talboden mit einer Breite von ca. 2,5 km, aus der der Georgenberg herausragt, bzw. eingebettet ist. Bei Jadorf erkennt man deutlich die Schotterbruchkante, die die Grenze zum Schwemmgebiet der Salzach bildet. Wie man an der Skizze erkennen kann, hat sich die Salzach sich ca. 2 Meter tief in den Boden eingegraben.

Ausschnitt "Tauglwald" mit deutlich sichtbarer Hügellandschaft

Zum Schluss noch ein Beispiel, wie spannend Geologie sein kann:
Nördlich der Taugl, unmittelbar hinter der Ortsgrenze zu Bad Vigaun, im Tauglwald, wurde lange vermutet, dass die dort vorliegende hügelige Landschaft aufgrund eines Erdrutsches vom Abtswald her in der Frühzeit entstanden ist. Nunmehr hat man aber unter den abgerutschten Gesteinsschichten Reste einer römischen Villa gefunden. Das bedeutet, dass dieser Erdrusch und die daraus resultierende Hügellandschaft frühestens in römischer Zeit geschehen ist.
Das Museum Kuchl arbeitet gerade die Hintergründe zu diesem geologisch-historischen Krimi auf. Wir sind gespannt auf ihre Ergebnisse!

(Hauptquelle: Publikationen des Museum Kuchl: „Der Georgenberg“, „Der Göll“)

Tipp:

Im Haus der Natur wird der Wandel Salzburgs im Laufe der Jahrmillionen gut erklärt. Hier können Sie z. B. auch die Dauerausstellung "Eiszeit und Klima" besuchen.

Näheres zu Kuchl und seiner unmittelbaren Umgebung, wie z. B. den Georgenberg, das Göllmassiv und die heimischen Höhlen, erfahren Sie im Museum Kuchl.